Montag, Dezember 19, 2005

14. Trend: Kleine Genüsse

"Guten Tag", sagte der kleine Prinz.
"Guten Tag", sagte der Händler. Er handelte mit absolut wirksamen, durststillenden Pillen. "Man schluckt jede Woche eine und spürt überhaupt kein Bedürfnis mehr zu trinken."
"Warum verkaufst du das?", fragte der kleine Prinz.
"Das ist eine große Zeitersparnis. Man spart dreiundfünfzig Minuten in der Woche."
"Und was macht man diesen 53 Minuten?"
"Man macht damit, was man will."
"Wenn ich dreiundfünfzig Minuten übrig hätte", sagte der kleine Prinz, "würde ich ganz gemächlich zu einem Brunnen laufen..."
Antoine de Saint-Exupiry - Der kleine Prinz

Die immaterielle Sichtweise, die in diesem Texabschnitt steckt, hat mich dazu bewogen in dieser Woche den kleinen Prinzen die Einleitung sprechen zu lassen.
Hinter dem Trend "Kleine Genüsse" verbirgt sich der Gedanke des Menschen, das Recht darauf zu haben, sich gelegentlich selbst zu verwöhnen und sich etwas zu gönnen.

In Zeiten des mageren Geldbeutels rückt ein Porsche (sofern man ihn will) in weite Ferne und erschwinglicher Luxus will konsumiert werden. Gerne darf es anders sein als gewöhnlich und eine unverwüstliche Qualität sollte das Objekt der Begierde freilich auch haben.

Als "Cheap chic" bezeichnet der deutsche Trendguru Matthias Horx preiswerte Produkte, denen der Glamour eines Luxus-Artikels anhaftet. Ich ertappe mich in letzter Zeit sehr oft, dass ich mich bei Tchibo mit einer Klienigkeit belohne; allerdings handelt es sich dabei nicht um eine Tasse Cappuccino und ein Stück Kuchen, sondern um die kleinen oben beschriebenen Luxusgüter mit cleveren Zusatzfunktionen, die dort feil geboten werden z.B. platzsparende Boxen für den PC.

Kleine Genüsse sind eine individuelle Angelegenheit. Die einen gönnen sich Briefbögen aus handgeschöpftem Papier, andere greifen zur Schokoladentafel mit Erdbeer-Pfeffer-Note. Und dann gibt es noch diejenigen, die sich mit einem Spaziergang um den Brunnen zufrieden geben.

Ich wünsche jetzt schon mal ein frohes Fest - kommt gut in´s neue Jahr!
Viele Grüße aus Ludwigsburg!

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Also meine kleinen Genüsse sind im Sommer meine (fast) tägliche Kugel Eis beim Italiener und im Winter mal ne Crèpe oder Mohrenköpfe vom Weihnachtsmarkt. Das ist mein kleiner Luxus, auf den ich nicht verzichten mag und mit dem ich mir den Alltag versüße!

Weihnachtliche Grüße von deiner Naschkatze!

Anonym hat gesagt…

Hi Daniel,

du solltest die Kategorie "kleine Genüsse" von der Kategorie "Luxus" trennen. Luxus zielt auf Außenwirkung, bedeutet Statussymbol und Imponiergehabe und steht eher für Emotionslosigkeit oder gar Gefühlskälte, während die kleinen Genüsse nach innen wirken und den Genießer tatsächlich erfreuen können, ohne jemand anderen damit erniedrigen zu müssen.

Der billige Luxus wirkt nur dann als Luxus, wenn er den Betrachter über seinen wahren Wert täuscht. Sobald der Warenwert erkannt ist, wird der Billigluxus eher peinlich. Übrigens liegt der echte Luxus durchaus im Trend, jedenfalls für die kleine, aber immer reicher werdende Schicht der Großverdiener. Porsche hat im Gegensatz zu den Herstellern von Durchschnittswagen ziemliche Zuwächse zu verzeichnen. Und das, obwohl Porsche-Chef Wiedeking selbst sagte, dass sein Unternehmen Produkte herstelle, die kein Mensch braucht.
Insofern sind die cheap-chic-Produkte auch keine Luxusartikel, wenn ihnen nicht die Eigenschaft des Überflüssigen anhaftet. Und das ist dann vielleicht eine Gemeinsamkeit der kleinen Genüsse mit dem Luxus: beide sind in gewisser Weise überflüssig.