Donnerstag, Juli 21, 2005

3. Trend: Die Wiederentdeckung der Langsamkeit

Hier zeigt sich das Zusammenspiel von Trend und Gegentrend: Versucht der Trend "99 Leben auf einmal" es mit dem Phänomen Zeit aufzunehmen und ihm Herr zu werden, so ignorieren die Jünger der Langsamkeit die Hektik des heutigen Alltags weitestgehend. Bewußt betreiben sie "Gear shifting" d.h. es wird auch mal einen Gang runter geschalten.

Im Zeitalter von Internet und Email, könnte man meinen, verliere der Brief als zeitintensives Medium seine Daseins-Berechtigung. Aber das Gegenteil ist der Fall. Ein Brief oder eine Postkarte gewinnt an Wert und Persönlichkeit, da sich ein anderer Mensch für einen Zeit genommen hat.
Kommen wir nun von Briefen zu Füllfederhaltern. Der Hersteller MONTBLANC hat die Langsamkeit in seine Unternehmensgrundsätze aufgenommen. Durch Kaffepausen und freie Zeiteinteilung gewinnt das Unternehmen Zeit, indem es Zeit vergeudet; denn Fehler kommen dem Markenartikelhersteller teuer zu stehen.

Im Management hat sich der Begriff "Slobbies" entwickelt. Dies sind slower but better working people, die dadurch dass sie der Hetze und Hektik die Stirn bieten, ihre Produktivität und Kreativtät erhöhen.

Blickt man nach Amerika entdeckt man vermehrt Leute, die ein "Stepping Out" vornehmen. Das bedeutet, dass sie am Höhepunkt ihrer Karriere alles hinwerfen und ihre Zeit anderen Angelegenheiten wie Familie und Partnerschaft widmen. Dies geht oft mit dem Herunterschrauben des Lebensstandards einher, wird aber in Kauf genommen.

In Kanada und vielen anderen Ländern erfährt Stricken (ohne Spaß!) einen Hype. Bei sogenannten "stitch´n´bitch"-sessions in Kirchen, Schulen und Universitäten treffen sich Jugendliche in lockerer Runde zum Handarbeiten und Lästern.

Nun die Frage an euch: Wann schaltet ihr einen Gang runter? Wenn nie, dann solltet ihr das hin und wieder machen - tut der Seele gut. In diesem Sinne freu´ ich mich auf eure Beiträge. Bis nächste Woche!

Link der Woche: http://www.stitchnbitch.org/snb_groups.htm

Viele Grüße aus Lubu!

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Slobbies kenn ich auch jede Menge 8], aber der Trend (wohl eher ein Trendchen) mit den quasselnden Stricklieseln ist an mir vorbeigegangen. Nicht so meine Zielgruppe. & merke: nichts sieht älter aus, als die Trends von gestern.

! Auf der rechten Seite ist noch ganz viel Platz für gute Links/Blogs. Man kann sich die Nachbarschaft ja selbst aussuchen, - da wird sich doch was finden!

http://www.cscout.com/blog/

Google-Suche: blog trend trends ... http://www.google.de/search?hl=de&ie=ISO-8859-1&c2coff=1&q=blog+trend+trends&meta=

trends - BlogFox Suche ... http://blogfox.de/index.php?q=trends

Die wochenendreife Betonblocksocke mit besten Grüßen

[clara*] hat gesagt…

Hello Daniel “Dee!” Steinbauer.

Schöne Einträge! Dem “fraktalen Ich” von vergangener Woche fühle ich mich näher als der wiederentdeckten Langsamkeit..., aber wo in den postings direkte Fragen untergebracht sind, muss wohl kommentiert werden. :-) Na gut. Der Horxsche „Simplify-Trend“ würde mir hierzu noch einfallen: ein Wandel zu post-materiellen Werten, der mit gesteigerter Lebensqualität einhergeht, dafür aber einen reduzierten Lebensstandard verlangt. Langsamkeit. Reduktion. Besinnung.

slower-but-better-working sounds alluring, kann heute aber tragischerweise nicht eingehalten werden, da die mit der Goldenen Rose ausgezeichnete – you know – Vorabendserie heute in einer Doppelfolge ausgestrahlt wird. Wenigstens erlauben Folge 2500 und 2501 ein paralleles slow-food-Abendessen.

Vom Seifchenfilm zur Kinokunst: Slow-motion hat bei Matrix 1-Ende einen wunderbaren Kontrast zur sonstigen Schusseile geschaffen.

No more slowness for today.
Liebe Grüße aus der Nordwestpassage,

Sten Nadolny mit einer entschleunigten Clara an Bord (im chill-out-room)

Anonym hat gesagt…

Hallo Mr. Anonym,

so jetzt ist auf der rechten Seite nicht mehr allzu viel Platz für Links...:)

Ich hoffe du bist auch morgen wieder von der Partie wenns um den Trend "Der wehrhafte Verbraucher" geht.

Anonym hat gesagt…

Hallo Claire!

so, so also eher die Hektikerin :)

Was den Simplify-Trend betrifft: der liegt auch schon auf meinem Schreibtisch und irgendwann werd ich euch den nochmal ausführlich darstellen.

Zur Slowmotion fällt mir jetzt eine geschichtsträchtige Szene aus Rocky ein (die Boxfilme mit Sylvester-Stallone von anno dazumal) in der er mit zerboxtem Gesicht AAAADDDDRRIIIIAAAANNN schreit (der Name seiner Frau). Slow aber schmerzhaft.

Dann wünsch ich viel Freude bei der Doppelfolge im Vorabendprogramm!!

Greet

Anonym hat gesagt…

Hallo Daniel,

dazu möchte ich auch gerne meinen Senf dazugeben (wenn man es genau nimmt ist dies eine blöde Redensart, oder).

Beim Lesen der "Wiederentdeckung der Langsamkeit" habe ich mich an ein Streitgespräch von Herrn Lehmann - im gleichnamigen Buch - und der Köchin Kathrin erinnert, die überlegen, ob die Zeit schneller oder langsamer vergeht, wenn man nüchtern oder betrunken ist.

Ich weiss gar nicht mehr wer von den beiden gewonnen hat, muss die Stelle gleich mal nachlesen.

Anonym hat gesagt…

Hi Maren,

da hab ich mir doch gleich das Herr Lehmann-Buch geschnappt, die Stelle aber leider nicht gefunden.

Aber ich hab ne andere Stelle zum Thema Zeit entdeckt: Herr Lehmann will im Bus mit einem zwanzig Mark-Schein bezahlen. Der Fahrer hat keine Zeit ihm eine Quittung auszustellen, allerdings genug Zeit, um ihn nach dem Kleingeld kramen zu lassen. Ende vom Lied ist - Lehmann läuft zu Fuß und so wäre er sogar noch früher am Treffpunkt als wenn er den Bus genommen hätte, wäre da nicht der Hund...

hmm, irgendwie fallen mir jetzt die Prinzen ein: "Nur Geniesser fahren Fahrrad und sind immer schneller da" (Oh Gott, hab ich gerade die Prinzen zitiert?!).

Jep, das Thema Zeit ist überall präsent.

Gruß aus Ludwigsburg!

Anonym hat gesagt…

Hi Daniel,

ja, die Bus-Stelle ist super, vor allem weil er aus dem Bus aussteigt, um andere Fahrgäste aussteigen zu lassen und der Fahrer verlangt von ihm nochmal ein Ticket zu zahlen, ergo zu Fuß erspart man sich viel ärgern...

Die Stelle die ich meinte ist übrigens im Kapitel Mittagessen, am Ende des Kapitels, sehr schön auch dort die Geschichte mit der Eintagsfliege: für sie ist ein Tag das ganze Leben, deshalb erwischt man sie so schwer, weil ihre wahrnehmung schneller ist ...

Viele Grüße

Maren